Trompe-Blasen - die Suche nach Glück und eine Lektion in Demut

Die derzeitige Ausbildung des Trompe-Bläsers in Deutschland
Hubert Klein in der Übersetzung von Helmut Stunkel

Geschichte

Seit mehr als drei Jahrhunderten erfolgt die Ausbildung an der Trompe grundsätzlich durch mündliche Überlieferung. Die  ersten, die sich damit beschäftigten, waren Musiker, die aus Orchestern hervorgingen. Sie bildeten sich selbst weiter in Zusammenarbeit mit den Meistern, denen sie begegneten. So traf Johann Josef Kenn (1757-1847), ursprünglich aus Zweibrücken (Deutschland), später Deux-Ponts genannt, in Paris seinen Meister Ludwig Wenzel, welcher aus der selben Stadt stammte. Er traf dort ebenfalls die Tochter von Raoux, Hersteller von Trompes und Hörnern, in Bläserkreisen gut bekannt, und heiratete sie. Ob er bei der Jagd blies oder nur im Orchester, bleibt eine offene Frage. Die Bläser, die ihr Instrument ausschließlich auf der Jagd einsetzen, haben sich ihre Technik im Wesentlichen dort und durch Nachahmung weitergegeben.

Seit Ende des letzen Krieges finden stages statt, auf denen die fortgeschrittenen Bläser ihr Wissen an Anfänger weitergeben. Motivation dieses Unterrichtes waren Leidenschaft und guter Wille, die Früchte dieser Arbeit außergewöhnlich. Es sind fantastische Bläsergruppen und Solisten daraus hervorgegangen. Dennoch müssen wir feststellen, dass eine bedeutende Anzahl an Bläsern nur geringe Fortschritte erzielte. Trotzdem haben einige unverdrossen zahlreiche stages besucht. Hat man nicht den Fehler begangen tayaults, roulés, hourvaris und andere Stilelemente von Bläsern zu verlangen, die noch nicht über die elementare Tonbildung verfügen? Das ist, als wollte man in einem Rohbau bereitsTapeten kleben.
 
Rückblick und Analyse

Die Überlegungen und Strukturwünsche der neuen FITF-Mannschaft sind gerechtfertigt, denn

  • der Nutzen aus der Ausbildung hält oftmals nur einige Wochen vor
  • der Einsatz an Zeit und Geld wird sowohl für den stage-Teilnehmer als auch für die Organisatoren immer größer
  • Erwachsene zu unterrichten ist nicht das selbe wie Kinder zu unterrichten, denen das Nachahmen leichter fällt
  • das Fehlen einer Lehrmethode, die sich nach Möglichkeiten des Einzelnen richtet, schadet denjenigen, die nur mittelmäßig begabt sind, also den meisten
  • um Fortschritte zu verzeichnen, muss man an seinen Schwachpunkten arbeiten und das ist weniger angenehm
  • wenn man nur Fanfaren bläst, bewahrt  und verstärkt man seine Fehler und Schwächen
  • wenige Bläser können ihre Schwachpunkte benennen und unsere stages helfen ihnen nicht wirklich dabei, sie zu erkennen
  • seine Schwächen zu kennen ist eine Sache, zu wissen, wie man sie beseitigt, eine andere
  • die Schwächen zu erkennen und eine Methode zur Verbesserung anzubieten, müsste ein gemeinsames Ziel sein:
    • zwei oder drei hauptsächlichen Schwächen benennen.
    • lernen, sie bei anderen wiederzuerkennen und dann bei sich selbst.
    • zeigen, welche Körperaktionen und Haltungsfehler unproduktiv und  auf diese Schwächen zurückzuführen sind.
    • bestimmen, welche Übungen durchzuführen sind und wie sie im Gedächtnis  bleiben.


Bei jedweder Art von Lernen genügt es beim Menschen nicht – und hier unterscheidet er sich vom Tier -  immer wieder schablonenhaft das selbe zu wiederholen. Bei der Trompe zielt man unglücklicherweise sehr auf die Wiederholung und die Nachahmung, gelegentlich von einigen mündlichen Erklärungen begleitet. Der Erwachsene benötigt bildhafte Vergleiche und Gedächtnistechnik.

Das analytische Verständnis erlaubt wesentlich größere, schnellere und dauerhaftere Fortschritte. Etwas Schriftliches und vor allem eine Zeichnung führen zur besseren Einsicht und erleichtern das Erinnern. Gemäß dem Sprichwort „Es ist leichter, den Splitter im Auge des Nächsten zu sehen als den Balken in  seinem eigenen.“ ist die positive Kritik an anderen ein wichtiger Weg zum eigenen Fortschritt.

Ein Bläser, der einem anderen Bläser zuhört, soll dies nicht unaufmerksam tun. Sein Ziel sollte der Standpunkt des Lehrers sein, dies ist die Voraussetzung, sich weiterzuentwickeln. Jeder Bläser muss lernen, zuzuhören. Nicht nur aus Vergnügen, noch weniger um zu sagen „das ist schlecht“, sondern um die technischen Grundlagen zu erkennen. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass die besten Bläser nicht zwangsläufig die besten Richter oder Moniteure sind. Die Fähigkeit des Zuhörens ist nicht proportional zum bläserischen Vermögen entwickelt. Die sehr begabten Bläser wissen oft nicht, was sie tun, denn sie haben ihre Fähigkeit nicht durch Arbeit erworben, sondern durch ihre natürliche Begabung.

Technik

Die häufigsten Fehler und Irrtümer sind folgende:

  • ein zu kleiner, kümmerlicher und gepresster Ton
  • Schwierigkeiten in der Tiefe, in der Höhe, oder in beidem
  • das Anstoßen zu schwer, zu stark und zu ungenau
  • körperliche Verkrampfungen (Arme, Beine, Schultern, Hals, Wangen, Lippen usw.) die Energie verzehren und den Bläser daran hindern seine Energie am richtigen Platz einzusetzen
  • ein Ton, der zu offen ist, zu kreischend, gepresst, ohne Dynamik, ohne Klang
  • chaotischer Rhythmus und Takt, Missachtung der Notenlänge
  • Stopp oder Unterbrechnung des Tonflusses zwischen den Noten
  • ungenaue und verschwommene Artikulation
  • tayauts und vénerie-Verzierungen nicht vorhanden, falsch plaziert, ungenau
  • falsche Atmung, ungenügende Stütze, was fast jeden der oben genannten Punkte nachteilig beeinflusst


Jeder Bläser zeigt eine unterschiedliche Verteilung der o.g. Schwächen, selbst die in der Trompe-Hierarchie weit Fortgeschrittenen. Demzufolge ist es schwierig, eine bläserische Fortbildung anzubieten, die jedem der Schüler gerecht wird. Insoweit wäre es nötig, für jeden der o.g. Punkte ein eigenes Kapitel der Fehler und Korrekturmittel zu verfassen. Die Vorbereitung für einen solchen Artikel ist in Arbeit. Wäre es eine Lösung, Übungsgruppen gemäß der vorhandenen Fehler einzurichten, statt sich am allgemeinen bläserischen Niveau zu orientieren?

Wie dem auch sei, und das wird auf den stages schon seit vierzig Jahren gepredigt, die Tonqualität ist die Tugend, die alle anderen nach sich zieht.

Das bringt mich dazu, die Persönlichkeiten zu nennen, die meinen eigenen bläserischen Weg für mein ganzes Leben geformt und geprägt haben. Man wird nicht als Bläser geboren, sondern man wird zum Bläser durch die erlebten Begegnungen und durch das, was man von anderen erfahren und behalten hat.

Ich empfinde Hochachtung und Dankbarkeit für viele von ihnen, namentlich posthum für Marcel Karmann, erster musikalischer Leiter, der mich die Trompe entdecken ließ und der mich zu Jacques Blanchard führte, welcher mich zur stage des Saint Hubert in Belgien brachte. Es folgten dann Eugène Verhaegen - Evrard d'Ursel – André Guirsch – Philippe Badet – Maurice et Hubert Heinrich – Philippe Carabin und ihr Unterricht. Michel de Becdelièvre danke ich für die Vermittlung von Kultur und Geist der Trompe, Gaston Chalmel für seine musikalischen Ratschläge. Schließlich Sylvain Oudot für seine erhellenden Ansichten in Bezug auf Gruppenleitung, radou und Komposition. Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig, aber alle kann ich nicht nennen, ohne die Aufzählung allzusehr auszudehnen. Das Problem besteht oft darin, dass die Zeit für diese Begegnungen zu beschränkt ist, aber dennoch, trotz ihrer Kürze beeinflussen sie das Leben.
Die Ausbildung muss ein wesentliches Ziel der FITF sein, aber auch jeder einzelne Bläser sollte sich verpflichtet fühlen, seine Trompe-Kenntnisse weiterzugeben.

Das Trompe-Blasen zu erlernen ist wie die Suche nach Glück, eine Lektion in Demut. Man findet nie ein Ende, aber der Reichtum liegt auf dem Wege dahin. Möge Saint Hubert den Euren mit Blumen schmücken.